Ich habe ein Schuljahr in Tunbridge Wells verbracht und bin nun seit ungefähr vier Monaten zurück. Auch jetzt denke ich oft und immer wieder gern an die wunderbare Zeit in England und bin überaus glücklich darüber, dass ich, obwohl ich schon recht lange wieder in Deutschland bin, noch regelmäßig mit meinen Freunden und meiner Gastfamilie schreibe oder telefoniere. Als ich Ende Mai einen Brief von into über meine Gastfamilie bekam, war ich mehr als aufgeregt. Zuvor hatte ich es noch nicht ganz realisieren können, dass ich wirklich bald für 10 Monate nach England gehen würde, und hatte mir noch nicht allzu viele Gedanken darüber gemacht. Allerdings schien durch die ganzen Fotos und Briefe von meiner Gastfamilie alles auf einmal viel realistischer. Wir schrieben uns fast täglich und ich konnte es kaum erwarten, sie persönlich kennenzulernen.
Zwei Wochen vor der Abreise fing ich an, immer nervöser zu werden. Auf der einen Seite freute ich mich unglaublich doll, dass es bald soweit war; auf der anderen Seite hatte ich ein wenig Angst, denn 10 Monate weg von zu Hause zu sein war dann doch recht lang. Ich hatte noch nie solche Gefühlsschwankungen erlebt und lenkte mich ab, indem ich etwas mit Freunden oder meiner Familie unternahm. Schließlich spürte ich, wie ich immer aufgeregter wurde und die Vorfreude überwog. Der Abschied von meinen Freunden und meiner Familie fiel mir dann doch sehr schwer, aber als ich dann im Flieger saß, waren Trauer und Sorge wie verflogen. Schon im Flugzeug lernte ich andere Teilnehmer des London Orientation Camps kennen und zusammen machten wir uns auf den Weg in die Hauptstadt Englands. In London verbrachten wir dann zusammen mit Austauschschülern aus aller Welt vier ereignisreiche Tage. Das Programm war voll gepackt mit Stadtrundfahrten und Ausflügen, sodass wir am Ende des Camps das Gefühl hatten, uns gut in der Stadt auszukennen.
Schließlich trennten sich unsere Wege und wir fuhren zu unseren Gastfamilien. Ich war in einer ziemlich großen Gruppe unterwegs, da noch einige andere Austauschschüler in meiner Nähe ihre Gastfamilien hatten. Ich glaube, ich war noch nie so aufgeregt gewesen wie damals im Zug nach Tonbridge. Dort angekommen wurden wir von unserem Local Rep herzlich begrüßt und dann von unseren Gastfamilien abgeholt. Meine Gastfamilie freute sich sehr über die Gastgeschenke; wir verstanden uns auf Anhieb super und ich fühlte mich schnell wie zu Hause.
In den ersten Tagen unternahm ich viel mit meiner Gastfamilie und anderen Austauschschülern; zum Beispiel gingen wir in die Stadt zum Shoppen, besuchten ein kleines Musikfest, spielten Tennis oder genossen die Sonne in einem der vielen Parks. Dann fing die Schule an. Dort lief so einiges anders ab: ich musste mich gemäß eines Dress Codes kleiden, d.h. in Arbeitskleidung (Bluse, schwarzer Bleistiftrock, schwarze Schuhe) in der Schule erscheinen. Auch wählt man dort für die AS-Levels nur 4 Fächer, hat eine lange Mittagspause (lunch) und jeden Tag von 8:45-15:35 Uhr Schule. Anfangs war es nicht leicht im Unterricht mitzukommen, und ich fühlte mich überfordert. Allerdings halfen mir sowohl meine Lehrer, als auch Freunde und Familie bei Problemen weiter, sodass ich mich bald ohne große Schwierigkeiten am Unterricht beteiligen konnte. Zudem lernte ich schnell Freunde kennen; das wichtigste dabei ist, offen zu sein und auch mal auf die Leute zuzugehen. Ich war fast jedes Wochenende mit meinen Freunden verabredet und wurde auch oft zu Übernachtungen, Geburtstagen oder anderen Partys eingeladen.
Besonders schön fand ich die Zeit um Weihnachten. Es war einfach wundervoll dieses Fest in England zu verbringen, vor allem da meine Gastfamilie ganz groß mit der gesamten Familie feierte. Wir hatten alle viel Spaß zusammen und ich fühlte mich wirklich als Teil der Familie. Ab Weihnachten verging die Zeit wie im Flug. Ich musste recht viel für die Schule tun, da die ersten ‚Exams’ anstanden. Aber auch so war mir nie langweilig - durch meine zwei kleinen Gastgeschwister war im Haus immer etwas los, und sonst war ich oft mit meinen Freunden unterwegs oder machte Sport. Im Frühling wurde es dann immer ernster in der Schule: wir hatten viel Stress, da die Lehrer wegen der bevorstehenden Exams Druck machten. Dennoch fuhr ich oft am Wochenende ans Meer oder nach London, traf mich mit Freunden in der Stadt oder verbrachte den Tag mit meiner Gastfamilie. Auch versuchte ich jeden Monat an den Kaffee-Kuchen-Treffen bei meinem Local Rep teilzunehmen. Dabei hatten wir die Möglichkeit, über Probleme und sonstige Anliegen zu sprechen und die anderen Austauschschüler zu treffen. Des Weiteren verbrachte ich meinen 16. Geburtstag in England. Schon morgens wurde ich von meiner Gastfamilie herzlich beglückwünscht und am Abend nochmal groß gefeiert. In der Schule überraschten mich meine Freunde mit Karten, Geschenken und sogar einem Geburtstagskuchen. Ich hatte einen wundervollen Tag, den ich nie vergessen werde.
Daraufhin kam die Rückkehr nach Deutschland immer näher – ich genoss jeden einzelnen Tag und verbrachte viel Zeit mit Freunden und Familie. Wenn man einmal dort ist und sich komplett eingelebt hat, merkt man gar nicht so richtig, wie schnell die Zeit eigentlich vergeht. Als es dann langsam ans Kofferpacken ging, begann ich zu realisieren, dass ich wirklich bald nach Hause fahren würde. Ich freute mich unglaublich doll, meine Freunde und Familie in Deutschland wiederzusehen; allerdings wurde ich auch immerzu trauriger, da ich mein Leben in England nicht hinter mir lassen wollte. Der Abschied von meinen Freunden und meiner Familie fiel mir sehr schwer; ich bekam zahlreiche Abschiedskarten und auch kleine Geschenke von ihnen, sodass ich mich immer an sie erinnern würde. Am Flughafen allerdings konnte ich es kaum erwarten, meine Familie und Freunde in Deutschland wiederzusehen. Anfangs hatte ich befürchtet, dass sich zwischen mir und meinen Freunden etwas verändern würde und ich Probleme haben würde, mich wieder in mein ‚altes Leben’ einzuleben. Jedoch waren jegliche Bedenken umsonst gewesen; ich habe sogar das Gefühl, dass ich meinen Freunden und meiner Familie durch das Auslandsjahr nun noch näher gekommen bin. Ich hatte zwar gemerkt, dass sie mir alle sehr fehlten, aber mir war nicht bewusst, wie sehr. Es war einfach unglaublich schön, wieder zu Hause zu sein.
Mein Gastvater meinte kurz vor meiner Rückreise, dass nach ein, zwei Wochen zurück in Deutschland mir mein ganzes Leben in England wie eine entfernte Erinnerung vorkommen würde. Zu dem Zeitpunkt habe ich darüber gelacht, aber es stellte sich heraus, dass er Recht hatte. Ich kann es bis jetzt nicht glauben, dass ich tatsächlich fast ein ganzes Jahr in England verbracht habe. Es war einfach wundervoll und ich habe sehr viel über das Land, die Leute und vor allem über mich gelernt. Natürlich gab es Höhen und Tiefen, aber nur dadurch bin ich viel selbstbewusster und unabhängiger geworden. Der Gedanke daran, so viele Freunde und eine zweite Familie dort zu haben, macht mich einfach unfassbar glücklich und ich vermisse ALLES. Ich freue mich jetzt schon drauf, bald nach England zurückzukehren und meine Gastfamilie und Freunde zu besuchen. Vielen Dank an into dafür, dass ihr mir so ein wundervolles und unvergessliches Jahr ermöglicht habt!