An meinen ersten Tag in Irland kann ich mich noch genau erinnern. Nachdem ich mit meinem Koffer den Ausgang des Flughafens gefunden hatte, hielt ich nach meiner Gastmutter Ausschau. Ich sah eine den Fotos nach ähnlichen Frau, die dann auch ein Schild mit meinem Namen hochhielt. Bei ihrem Auto wollte ich dann zuerst auf der falschen Seite einsteigen, aber ich gewöhnte mich schnell daran, auf der anderen Straßenseite zu fahren. Bevor wir zu meiner Gastmutter Sinéad nach Hause (nach Castleblayney) fuhren, machten wir bei einem Hotel halt, um etwas zu essen. Als wir dann bei ihr waren, bekamen wir gleich Besuch von zwei ihrer Freundinnen. Müde fiel ich ins Bett. In den nächsten Tagen bevor die Schule anfing, packte ich aus, las viel und machte mich ein wenig mit der Umgebung vertraut. Außerdem kauften wir die Uniform meiner Schule, Castleblayney College. Sie bestand aus einer dunkelblauen Hose, schwarzen Schuhen, einem hellgrünen Hemd, einem dunkelgrünen Pullover mit Schulemblem und einer roten Krawatte. Am Wochenende lernte ich dann auch Sinéads Schwester Donna und deren Mutter Olive kennen. Sie waren beide sehr herzlich und freundlich.
Ungefähr eine Woche nach meiner Ankunft, kam ich in die Schule. Ich wurde sofort von den Schülerinnen mit denen ich sprach aufgenommen und begrüßt. In der ersten Stunde mit der Klassenlehrerin saß ich neben Lisa, mit der ich mich später sehr gut anfreundete. In den ersten Schulwochen begann ich beim Chor mitzusingen und ihn gelegentlich auf der Querflöte zu begleiten. Ich freundete mich mehr mit meinen Mitschülern an, insbesondere mit Lisas Freundeskreis. Außerdem lernte ich ein anderes Mädchen aus Berlin kennen und meine Local Rep. Ich versuchte am Irisch-Unterricht teilzunehmen, allerdings verstand ich kein Wort und da sie schon so viel weiter waren als ich, gab ich nach ca. einer Woche auf. Stattdessen hatte ich dann "Studies“, wo man Hausaufgaben machen sollte. Eines Tages gab es einen Aushang, dass das Schulmusical dieses Jahr “Grease” sein würde. Sofort gab es großen Andrang beim Vorsingen und tatsächlich bekam ein Mädchen, Eimear, aus meinem neuen Freundeskreis, eine der Hauptrollen. Alle anderen durften beim Gesang und Hintergrundtanzen mitmachen, was der Rest meines Freundeskreises dann auch tat. Ich nahm dann natürlich auch teil. Wir hatten sehr viel Spaß, obwohl der Tanzlehrer sehr streng war. Die Aufführungen waren vom 18.11. bis 22.11. - in der Zeit hatte ich auch zum ersten Mal Heimweh, da ich wollte, dass meine Eltern dagewesen wären. Allerdings hat mich dann der sehr freundliche Hausmeister Seamus wieder aufgeheitert und dann ging es mir gleich viel besser. Am letzten Tag wurde dann gefilmt. Alle waren nur noch nervöser! Aber es lief alles glatt.
Eines Tages sprach mich die Religionslehrerin an, ob ich bereit wäre, an einem Nachmittag zu einem Treffen zu kommen und den Chor auf der Querflöte zu begleiten. Ich stimmte zu - das Treffen war für ein Projekt, "One Community, Different Cultures“. Die beiden Schulen in Castleblayney waren mit für das Projekt verantwortlich, weshalb der Chor überhaupt dabei war. Dort lernte ich auch einige Schüler der anderen Schule kennen. Ich beteiligte mich dann auch weiterhin mit diesem Projekt und es gab immer wieder im ganzen Jahr verteilt verschiedene kleinere Projekte und Treffen. Ein Projekt war, für eine Parade große Gesichter und Puppen zu basteln. Dafür trafen wir uns 3-4 Wochenenden. Außerdem sollten einige Stelzenlaufen, weshalb es einen 5-tägigen Workshop gab. Kurz bevor ich wieder abgefahren bin, haben wir auch Marktstände gemacht, an denen verschiedene Länder Essen und andere traditionelle Sachen vorstellten. Ich verständigte dafür die Deutsche Botschaft in Dublin, die mir bereitwillig Material zuschickte.
In dem Jahr bin ich dreimal verreist. Das erste Mal in den Herbstferien bin ich mit Sinéad und Camilla, der anderen Deutschen in meinem Jahrgang, nach Kerry in den Süden Irlands gefahren. Wir waren dort eine Woche in einem sehr schönen Cottage und haben viel gesehen. Das zweite Mal ging es für ein Wochenende in ein Wellnesshotel mit Sinéad, Donna und Olive. Es war zwar nur sehr kurz aber auch sehr schön. Auf dem Rückweg haben wir noch beim „Hill of Tara“ haltgemacht. Es war vor langer Zeit der Sitz der hohen Könige Irlands gewesen. Das letzte Mal sind wir nach Tipperary und Kilkenny gefahren. Ich hatte es Pat, Sinéads Vater, versprochen, weil er mir die Gegend zeigen wollte in der er groß geworden war.
Weihnachten war sehr schön. Sinéad und ich hatten am 25. Dezember den ganzen Tag gekocht. Später kamen dann Donna, deren Verlobter Ciaran, Pat und Olive noch dazu. Das Essen war sehr lecker und Ciaran hatte mir sogar eine Nusspastete gemacht, da ich ja kein Fleisch esse. Es war zwar zu viel aber an sich war es wirklich lecker. Wir saßen noch bis abends spät zusammen und haben gequatscht. Als die anderen gehen mussten, war Donna fast ausgerutscht, so glatt war es geworden. Diese anhaltende Glätte zu der noch ca. 1 cm Schnee kam, brachte das irische System durcheinander. Da man in Irland nicht "viel“ Schnee gewöhnt ist, gab es keine Streu. Deshalb konnten die Schulbusse nicht auf den Straßen fahren und es kam zu einer weiteren Woche Ferien.
Kurz vor den Weihnachtsferien fing ich seit vielen Jahren wieder zu reiten an. Ich ging jede zweite Woche zu einem Reitstall und hatte sehr viel Spaß dort. Bald darauf fing ich in der Schule auch noch mit Boxen an. Es war ein besonderer Kurs, der nur für Mädchen war und ebenfalls unglaublich viel Spaß gemacht hat! Im Großen und Ganzen hatte ich eine sehr schöne Zeit, die ich gerne auf ein weiteres Jahr verlängert hätte, um dort die Schule zu beenden. Aber ich freute mich auch ein bisschen darauf, meine alten Freunde wieder zu sehen :-) Auf jeden Fall habe ich meinen Freundinnen aus Irland versprochen sie noch mal zu besuchen, spätestens zum Abschlussball. Und mit meinen Freunden hier in Deutschland habe ich überlegt, die Abifahrt nach Irland zu machen. Mal sehen was sich ergibt.