„Don’t dream it, do it”. Vielleicht fiel meine Entscheidung wirklich ins Ausland zu gehen in dem Moment, wo ich diesen Slogan las. In der Tat hatte ich seit jeher davon geträumt ins Ausland zu gehen, jedoch dachte ich nie, dass es wirklich passieren könnte. Nachdem ich den „Papierkram“ erledigt hatte, war es für mich als wäre es noch lange hin bis ich fliegen würde. Diese Zeit verging jedoch wie im Flug und um sieben Uhr morgens stand ich dann am Flughafen und musste mich von meiner Familie verabschieden. Dann saß ich auch schon mit etwa 30 anderen Austauschschülern im Flugzeug, welches Kurs auf Toronto nahm. Erst da wurde mir bewusst, dass ich wirklich ein halbes Jahr in Kanada verbringen würde.
Die Vorfreude mischte sich mit Ängsten, die sich wiederum um das Vermissen von Freunden und Familie drehten. In Toronto angekommen, hatte ich allerdings keine Zeit mehr über meine Sorgen nachzugrübeln. Ich war im „Orientation- Camp“ und erlebte jeden Tag eine neue Seite von Toronto. Von China- Town bis zu den Niagara Fällen habe ich dort viel erlebt. Dann wurde es ernst und ich saß in einem ganz kleinen Flugzeug Richtung Rocky Mountains.
Als ich im Flughafengebäude ankam, wusste ich sofort, wer meine Gastfamilie war. Mein kleiner Gastbruder Brady hielt einen riesigen Plüschbären in den Armen. Als er mich sah, stürmte er sofort auf mich zu und umarmte mich. Der Teddybär war ein Willkommensgeschenk. Die anderen Familienmitglieder begrüßten mich ebenso herzlich und nahmen mich bedingungslos in ihrer Familie auf. Eine bessere Gastfamilie hätte ich mir nicht wünschen können. Ich war vollkommen in das Familienleben involviert und wir unternahmen verschiedene Ausflüge. Es ging unter anderem nach Vancouver, Edmonton und in die Staaten.
Vor dem ersten Schultag hatte ich natürlich Respekt, aber die Aufregung über den gelben Schulbus, der genauso aussah wie man ihn aus Filmen kennt, und die Bären, die wir aus dem Fenster erspähten, ließen mich meine Angst vergessen und ich kam sogleich ins Gespräch mit Kanadiern, die später zu meinen besten Freunden wurden. In der Schule war ich ein bisschen verloren, aber dank der Offenheit der Kanadier wurde ich stets zu meinen Klassenräumen begleitet und fand schnell Anschluss. Besonders durch das Volleyballteam, in dem ich spielte, wurde ich schnell integriert. Ich war jedes Wochenende von Freitag bis Sonntag auf einem Volleyballturnier und unter der Woche in der Schule.
Zeit meine Freunde und Familie zu vermisse hatte ich nur ganz selten und das war auch gut so. Ich telefonierte circa einmal im Monat mit meinen Eltern, aber das war für mich genauso okay wie für sie auch. Als ich bereits drei Monate in dem wunderschönen Kimberley verbracht hatte und ich auf englisch dachte und träumte, begann die Ski-Saison. Ich hatte einen Saisonpass und da der Ort sozusagen aus dem Skigebiet bestand, fuhr ich jedes Wochenende und jeden Tag in den Weihnachtsferien Ski. Als leidenschaftliche Skifahrerin war das natürlich ein unglaubliches Erlebnis und die Kanadier haben mir sogar einen Vorwärtssalto auf Skiern beigebracht!
Nach diesen drei Monaten hatten sich meine anfänglichen Bekanntschaften zu engen Freundschaften entwickelt und ich konnte keinen grammatikalisch richtigen deutschen Satz mehr bilden :-D Dann war auch schon Weihnachten, was eine unvergleichliche Erfahrung war. Das Heimweh, was einen im Normalfall um Weihnachten herum einholt, blieb bei mir aus, denn ich war viel zu beschäftigt damit Ski, Snowboard, Snowmobile, Quad, Schlitten und Schlittschuh zu fahren. Natürlich habe ich an Weihnachten auch Geschenke bekommen. Es war ein tolles Erlebnis. Sogar ein Paket von zu Hause kam an!
Schließlich war meine Zeit auch fast um und mein Vater und ein guter Freund unserer Familie kamen für eine Woche nach Kanada, um mit mir Ski zu fahren und mein zweites Zuhause kennen zu lernen. Eine kleine Abschiedsfeier am Ende der sechs Monate hatte meine Gastfamilie organisiert und alle meine Freunde waren da. Es war sehr schön, aber auch traurig Abschied zu nehmen. Am Flughafen allen Freunden tschüss zu sagen fiel mir sehr schwer, aber meiner Gastfamilie auf Wiedersehen zu sagen war sogar noch schwerer. Ich konnte mich kaum trennen und hätte sogar fast mein Flugzeug verpasst.
Meine Zeit in Kanada war ein Traum. Es hätte nicht besser sein können und diesen Austausch zu machen, war wahrscheinlich die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe! Kanada ist für mich zu einer zweiten Heimat geworden, genauso wie die englische Sprache für mich eine zweite Muttersprache geworden ist. Eine meiner Freundinnen aus Kanada war sogar schon in den Sommerferien hier bei mir; das war klasse! Viel Spaß bei eurem Auslandsaufenthalt! Genießt jede Minute, die ihr dort seid, denn die Zeit geht vorbei wie im Fluge!