Für ein Jahr nach Amerika – die Idee kam mir ganz spontan im Urlaub am Strand, so dass ich es kaum mehr erwarten konnte, nach Hause zu kommen, um meine Pläne umzusetzen. Auf into stieß ich durch eine Freundin, die zur selben Zeit ihr Auslandsjahr in England verbrachte; angelockt von dem Orientation Camp in New York war meine Entscheidung also schnell gefallen. Rasch hatte ich alle nötigen Unterlagen beisammen und abgeschickt und wartete nun auf meine Gastfamilie, welche ich dann am 6. Juni per E-Mail von meiner Gastmutter Stephanie (42) persönlich bekam. Sie schrieb mir von ihren beiden Kindern, Emily (heute 11) und Trent (heute 15), ihrem Mann Michael (42), der coolerweise Deputy Sheriff ist, und dass sie selbst als Bibliothekarin in einer Grundschule arbeitet. Es ging also nach West Monroe in Louisiana, ein sehr konservativer Staat direkt östlich von Texas, von dem ich bis dahin noch nicht sonderlich viel gehört hatte. Also informierte ich mich ein bisschen und die Vorfreude wuchs, insbesondere weil wir Austauschschüler uns zum einen aus dem Internet und zum anderen von unserem Vorbereitungsseminar im Mai kannten und austauschen konnten. Das Vorbereitungsseminar war informativ aber vor allem super lustig! into bereitete uns also wirklich gut auf das Bevorstehende vor; aber viel wichtiger war, dass sich bei uns allen Freundschaften entwickelten, die wir auch heute noch pflegen. Mit dem Erhalt der Gastfamilie bekamen wir also auch unsere Flugdaten: Ich sollte also am 9. August in das größte Abenteuer meines Lebens starten! Von dann an wuchs die Aufregung und Spannung von Tag zu Tag; nicht zuletzt, weil wir alle, die am selben Orientation Camp teilnehmen sollten, unsere Vorfreude aufeinander verteilten und wie wild anfingen zu planen, was wir in NYC denn alles tun wollten. Die letzten Wochen in Deutschland nutze ich also vollkommen aus und traf mich tagein, tagaus mit meinen Freunden und verbrachte schöne Stunden mit meiner Familie, die mich bei meinem Wunsch immer unterstützte. Und ehe ich mich versah, war auch schon der 9. August gekommen und ich stand am Flughafen in Düsseldorf! Der Abschied von meinen Eltern fiel mir nicht unglaublich schwer, weil ich die Dauer einfach nicht richtig realisieren konnte, aber schwer war er trotzdem und es flossen auch ein paar Tränen, wobei mich meine Freunde im Flugzeug auch schnell wieder aufheitern konnten. Je näher wir NYC kamen, umso heiterer und aufgeregter wurden wir alle! In NYC hatte ich einfach die beste Zeit meines Lebens: Mit wunderbaren Menschen erlebte ich die für mich tollste Stadt der Welt im Schnelldurchlauf, wobei ich jeden einzelnen Augenblick grenzenlos genoss und niemals vergessen werde. Noch heute denke ich täglich an den ersten Abend in NYC an der Brooklyn Bridge… Angekommen bei meiner Gastfamilie nach der mir doch recht schwergefallenen Verabschiedung von meinen neuen Freunden war ich nun überwältigt; Nach meinem riesigen Welcoming am Flughafen und den ersten Tagen bei meiner Gastfamilie ging es nun in die Schule, der West Monroe High School, mit knapp 2500 Schülern, wobei ich am zweiten Tag meiner Ankunft meine Fächer wählte: Biology II, Algebra II, Englisch IV, American History, Art, Latin, French und Cross Country. Das Mädchen-Team unserer Schule wurde leider nicht sehr ernst genommen, aber der Spaß beim Training und bei den Rennen kam trotzdem nie zu kurz. Trotz der beträchtlichen Größe meiner Schule fand ich schnell Anschluss, was besonders daran lag, dass ich zuvor ein Mädchen, Rachel, in der Kirche kennenlernte, die sich über das ganze Jahr hinweg als eine meiner besten Freundinnen erwies. Ich hatte also schnell eine Gruppe zum Lunchen, wodurch ich ebenfalls viele neue Freunde kennenlernte, und fand mich in der Schule insgesamt sehr schnell zurecht. Nach mehrfachem Umwählen meiner Fächer war ich schließlich auch damit zufrieden, wobei Mathe, Französisch und Latein zu einfach und American History eher schwierig waren. Schöne Erinnerungen sind auf jeden Fall die zahlreichen Football Spiele meiner Schule, die ich zuletzt wegen der Atmosphäre viel und gerne besuchte: Man traf immer Leute, die man kennt, und der School Spirit, der eine Schule ausmacht, verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Nach den Spielen – die meine Schule meistens gewann – gingen wir meistens Essen, um den Abend ausklingen zu lassen. Außerdem hatte ich ein Double Placement mit einem ca. gleichaltrigen Mädchen aus Brasilien: Wir mussten uns ein Zimmer teilen, was sich aufgrund absolut unterschiedlicher Persönlichkeiten als großes Problem erwies, so dass ich nach ca. zwei Monaten freiwillig die Familie wechselte. Mit der zweiten Familie kam ich leider noch weniger klar, da das ältere Ehepaar und ich doch nicht recht zusammenpassten. Kurz vor Weihnachten wechselte ich also zurück zu meiner alten Gastfamilie, teilte mir ein Zimmer mit meiner jüngeren Gastschwester, was uns beiden nichts ausmachte (obwohl ich mich doch über etwas mehr Privatsphäre gefreut hätte), und wechselte auch die Schule, um weiteren möglichen Spannung sowohl mit meiner zweiten Gastfamilie als auch dem Mädchen aus Brasilien aus dem Weg zu gehen. Da war ich also: Zurück in meiner ersten Gastfamilie um Weihnachten herum. Wegen des ganzen Stresses konnte ich die Weihnachtszeit leider nicht unbeschwert genießen und hatte zu dieser Zeit doch recht starkes Heimweh. Für Weihnachten hatte meine Gastfamilie aber viel geplant, so dass ich mich schnell wieder von meinem Heimweh verabschieden konnte, welches sich von da an eher selten zeigte. Wir verbrachten Weihnachten also zum einen mit der Familie meines Gastvaters und zum anderen mit der Familie meiner Gastmutter, wobei die Mutter meiner Gastmutter, Granny, uns ein für Louisiana traditionelles Gericht kochte: Gumbo - äußerst lecker und nur zu empfehlen. Und eine schöne Bescherung hatte ich natürlich auch. Außerdem hatte meine Familie mir Pakete mit allen möglichen Süßigkeiten und sonstigen Kleinigkeiten geschickt, was mir die Zeit versüßte, so dass die Weihnachtszeit rückblickend doch noch sehr schön war. Auf meiner zweiten Schule, der Neville High School in Monroe, pünktlich zum zweiten Semester, fühlte ich mich gleich viel wohler und fand ebenfalls sehr schnell sehr gute Freunde, mit denen ich auch heute noch viel und gerne den Kontakt pflege. Diese Schule war kleiner (ca. 1000 Schüler) und weniger konservativ, denn die meisten Schüler meiner alten Schule waren sehr religiös orientiert, während die meiner neuen Schule eher offener und weniger kirchlich waren. Meine Beratungslehrerin, die alle liebevoll Kathy nannten, entpuppte sich als wahre Freundin, mit der man jederzeit reden konnte und die einen bei Langeweile gelegentlich auch vom Unterricht befreite. Die Fächer waren so ziemlich die gleichen wie auf meiner vorherigen Schule; ich probierte jedoch das Fach Speech, was einem Debattier-Club gleichkam und mir deshalb eher weniger Freude bereitete, und Pre-Calculus als Mathe-Kurs. Im Frühling veranstaltete meine Schule dann noch ein Powder Puff Game (Mädchenfootball), was uns allen viel Spaß beim Training und schließlich bei dem Spiel bereitete – selbstverständlich in den Football-Shirts unseres Footballteams, welches übrigens auch die State Meisterschaft gewann. Powder Puff war also definitiv eine witzige Erfahrung, die ich jedem einfach nur empfehlen kann. Die Nachmittage verbrachte ich mit meinen Freunden: Wir gingen Sushi essen, in die Mall oder einfach zu jemanden nach Hause, um dort ein bisschen abzuhängen oder wir gingen zu Football Spielen, Baseball Spielen und sonstigen Schulveranstaltungen. Ich war in Sachen Freizeitaktivitäten also immer gut versorgt und fand eine gute Mitte zwischen Freunden und Gastfamilie. Mein Gastvater war wirklich lustig und immer für einen Spaß zu haben, so dass ich also immer etwas zu lachen hatte. Meine Gastmutter engagierte sich in ihrer Freizeit neben ihrem Beruf in der Schule und als Mitarbeiterin der Partnerorganisation für Hunde im Tierheim, wodurch ich dort auch etwas Zeit verbringen konnte und selbst Community Service leistete. Wir standen uns jedoch nicht so nah. Ich hatte zu meinen Freunden demnach eine stärkere Bindung als zu meiner Gastfamilie, was ich aufgrund verschiedener Ereignisse jedoch auch nicht als allzu schade empfinde, wobei ich heute trotzdem noch Kontakt zu meiner Gastfamilie habe und diese auch vermisse. Ich kann daher vor allem jetzt von einfach unglaublich tollen Freundschaften sprechen. Im März nahm ich außerdem an einem Trip meiner amerikanischen Organisation teil: Ich flog also nach Los Angelos, reiste zum Grand Canyon und nach Las Vegas, wo ich eine wundervolle Zeit verlebte und wieder einmal tolle Menschen von allen Teilen der Welt kennenlernte, mit denen ich ebenfalls noch viel Kontakt habe. Dieser Trip sowie zahlreiche andere nach New Orleans, Baton Rouge, Dallas oder Florida, wohin mich eine ältere Dame mit ihrem Sohn aus der Kirche mitnahm, waren wunderbare Highlights meines Auslandsjahres, die ich niemals vergessen werde. In diesen zehn Monaten bin ich insgesamt nicht zuletzt wegen meiner Eltern in Deutschland sehr viel gereist und habe einzigartige Erfahrungen mitgenommen. Auch Prom, der Ball gegen Ende des Schuljahres, war ein sehr schönes Event: Nach der Kleidersuche im Voraus, dem Friseurtermin und so weiter, mieteten wir mit Freunden einen Bus, machten Fotos an einem See der Stadt und hatten auch viel Spaß beim eigentlichen Ball bis hin zur „After Party.“ Das ganze Jahr hinweg ging ich mit meiner Gastfamilie meistens dreimal die Woche in die Kirche: Anfangs war das durchaus anstrengend, weil ich in Deutschland eigentlich gar nicht in die Kirche gehe, aber auch daran habe ich mich gewöhnt, was besonders an den liebevollen und interessierten Menschen unserer „Church Family“ lag, so dass sogar ich die Zeit in der Kirche vermisse: Die Youth Group und die zweiwöchigen Essen mit der gesamten Kirchengemeinde sowie sonstige Aktivitäten wie zum Beispiel das Einpacken von Geschenken, gesponsert von den Spielzeugläden der Gegend, für sozial und finanziell schwächere Familien. Ich bin dankbar für die netten Menschen, die ich durch diese Erfahrung kennenlernen durfte. Ende Mai organisierte meine Gastfamilie dann eine Abschiedsfeier für mich und das brasilianische Mädchen, zu der viele von unseren Freunden und vor allem die engen Verwandten unserer Gastfamilie kamen. Granny machte wieder ihr Gumbo und wir bestellten außerdem Essen bei Chick-fil-a, dem wohl besten Fast Food Restaurant, das es hauptsächlich leider nur in den Südstaaten gibt. Meine Gastmutter besorgte einen wunderschönen Kuchen mit der amerikanischen Flagge und einem „We will miss you“-Slogan in deutschen und brasilianischen Farben darauf, den wir also dann zusammen anschnitten. Diese Abschiedsfeier war auf jeden Fall ein sehr schöner Abschluss und versüßt mir bis heute noch meine Erinnerungen. Am letzten Tag vor meiner – geplanten - Abreise überraschten meine Freundinnen mich noch mit einem spontanen Dinner im Sushi Restaurant: Wir ließen die letzten Monate also noch einmal Revue passieren und verabschiedeten uns – hoffentlich für nicht allzu lange. Nebenbei habe ich natürlich die Tage bis nach Hause gezählt, aber gegen Ende wohl doch eher mit etwas Wehmut. Ich wollte meine neuen Freunde nicht einfach zurücklassen, aber irgendwie überwog dann doch die Vorfreude auf mein Zuhause und vor allem meine Familie wieder in die Arme schließen zu können. Nach kleinen Schwierigkeiten mit meinem Flug – ich hab ihn verpasst um genau zu sein, da ich mich nicht zeitig von den zahlreichen Menschen, die ich lieb gewonnen hatte, verabschieden konnte – kam ich am 1. Juni 2012 also endlich wieder zuhause an und wurde wundervoll von meiner tollen Familie empfangen. Auch diesmal konnte ich meine Tränen am Flughafen nicht zurückhalten und freute mich einfach nur, meine Familie endlich wieder zu haben. Zuhause erwartete mich schließlich eine Welcome Back Party mit Freunden und Familie! Alles in einem kann ich also wirklich auf ein tolles Jahr zurückblicken: Es war natürlich nicht immer einfach, aber auch alle negative Erfahrungen haben mich stärker gemacht und hatten damit eine positive Wirkung. Und insgesamt überwiegen die wundervollen Erfahrungen, die ich in diesen zehn aufregenden Monat gemacht habe. In dieser Zeit habe ich viel über mich selber, meine Stärken und Schwächen gelernt. Außerdem zeigt einem dieses Jahr wirklich, wer seine wahren Freunde sind, so dass ich jetzt also von noch besseren Freundschaften als vorher sprechen kann, wobei zahlreiche Freundschaften, sei es zuhause, in Amerika oder sonst wo auf der Welt, hinzugekommen sind. Am wichtigsten ist jedoch, dass ich meine Familie jetzt einfach um so viel mehr zu schätzen weiß. Dieses Auslandsjahr war die beste Entscheidung meines Lebens und hat mir Erfahrungen für mein weiteres Leben beschert. Es war wundervoll.