„Und, wie war’s in Amerika?“ – seitdem ich im Juni 2011 von fast 10 Monaten in Texas zurück nach Deutschland gekommen bin, stehe ich dieser Frage nicht gerade selten gegenüber. Und jedes Mal, breitet diese eine, eigentlich kurze und knappe Frage wieder ein ganzes Band an Bildern und Erlebnissen vor meinem geistigen Auge aus. Denn was für manche nur als bedeutungslose Konservation angesehen wird, ist für mich jetzt eine Heimat. Doch wie kann man so viele Ereignisse und Erfahrungen in nur eine knappe Antwort zusammenfassen? Meistens gebe ich dem Fragenden nur eine kurzes „super!“ und ein Lächeln zurück, doch hierin will ich versuchen diesmal etwas genauer zu beschreiben wie das so ist, ein Jahr im Ausland zu verbringen… Begonnen hat alles eigentlich schon lang vor meiner eigentlichen Abreise. Ich denke, der ganze Unterlagen-Stress und die große Aufregung, die man vor der Reise zu bewältigen hat, sollten als Teil der Erfahrung angesehen werden. Auch das Vorbereitungsseminar, auf dem man vor allem herausfindet, dass man nicht die/der einzige Austauschschüler/in ohne Gastfamilie ist und tolle neue Leute kennenlernen darf, ist Teil des Ganzen. Und dann noch, das wohl Gewichtigste: das Warten. Das Warten auf eine Gastfamilie - die Angst, dann doch keine mehr zu bekommen und seinen Traum nicht erfüllen zu können und die leise Hoffnung die perfekte Traumfamilie, am perfekten Traumort abzukriegen. Fast den ganzen Sommer hatte ich nun auf eine Gastfamilie gewartet und mich kaum getraut in den Urlaub zu fahren, bis ich mich dann Anfang August doch entschloss meine Freundin in der Schweiz zu besuchen. Total schön und entspannend, nur das Warten wollte mich einfach nicht in Ruhe lassen. Bis dann (glaube ich) am 10. August meine Mutter anrief und mir mitteilte ich hätte eine Gastfamilie. Hatte ich auch, nur klang der Staat „Texas“ für mich Anfangs nicht allzu vielversprechend und außerdem sollte ich in nur einer Woche abfliegen. Schon war meine Vorfreude gehemmt. Ja, im Nachhinein kann ich auch nicht mehr ganz nachvollziehen wieso, aber in dem Moment wurde mir wohl einfach klar, dass mein Traum in nur einer Woche beginnen sollte. Plötzlich schien mir alles sehr unvorbereitet, vor allem dadurch, dass ich einfach nicht fassen konnte, dass ich schon in einer Woche weg wäre. Doch die letzten Tage strichen - oder eher rannten - vorüber und am 17. August war es dann soweit: auf ins Abenteuer! Nach einem 7-stündigen Flug wurden dann alle Austauschschüler meines into New York Orientation Camps in Bussen und einem Mini-Van (in dem ich saß) hinein in die Stadt gefahren. Nein nein nein, wartet… in DIE Stadt: New York City! Als im Radio dann auch noch das Lied „Empire State Of Mind“ erklang und wir erste Blicke auf die atemberaubende Skyline der Großstadt werfen konnten, war das Cliché zur perfekten Ankunft schon erfüllt. Ein Gefühl, welches ich wohl niemals wieder vergessen werde. Das NY-Camp war einfach ein Erlebnis für sich! Ich habe dort neue Freundschaften geschlossen und unheimlich viel gesehen. Jeder Tag war gefüllt mit Sightseeing, Aktivitäten und so manchen Highlights und ich denke ich werde diese rund vier Tage nicht vergessen. Am 21. August war der Traum der Metropole dann vorbei und mir wurde während meiner beiden Anschluss-Flüge nach Corpus Christi, Texas schlagartig bewusst, dass ich mich auf direktem Wege hinein in ein ganz neues Leben befand. Corpus Christi liegt am Golf von Mexico, im Süden von Texas, also ganz im Süden der USA, ca. 4 oder 5 Stunden von Mexico und hat ca. 250.000 Einwohner. Das Klima dort erwies sich, wie erwartet, als sehr schwül und sehr heiß, doch ich muss sagen, auch wenn man die meisten Tage nur so dahin schmolz, habe ich es schon genossen auch an manchen November oder Dezember Tagen noch kurze Hosen tragen zu können. Zusammengefasst muss ich mir selber wohl eingestehen, dass mir die ersten Wochen in Texas nicht wirklich gefallen haben. Nichts war, wie ich es mir vorgestellt hatte: mein erster Schultag war eine riesige Enttäuschung und da ich mir das Zimmer mit zwei anderen Mädchen teilen musste, hatte ich den Eindruck meine Privatsphäre ginge gnadenlos unter. Bis zu dem Punkt, an dem ich schon fast die Entscheidung getroffen hatte, die Gastfamilie und eventuell auch den Ort zu wechseln, versuchte ich meine Zweifel und meine Enttäuschung meiner Familie gegenüber zu verbergen. Doch als dann irgendwann der Knoten platzte und meine Gasteltern (dank meiner besorgten Mutter in Deutschland…) mich dazu aufforderten mal ganz offen mit ihnen zu sprechen, änderte sich mit nur einem Gespräch so ziemlich alles. Von da an, ließ ich mich auf das Abenteuer ein und schloss meine Gastfamilie (inklusive meiner norwegischen Austauschschüler-Schwester) immer weiter ins Herz. Der Höhepunkt war wohl unser „Road-Trip“ in den Süd-Westen der USA. Mit dem Auto durch die westlichen Wüsten von Texas und New Mexico, hinein in das atemberaubende Arizona, wo wir einen Teil der Familie besuchen wollten. Sowohl den Alltag miterleben, als auch einen Tagestrip nach California auf den Hollywood Boulevard oder zum Grand Canyon, alles war in den ca. 3 Wochen, die wir dort verbrachten, enthalten. Sowohl meine Gastfamilie, als auch ich selber sind davon überzeugt, dass die etlichen Stunden, die wir in einem Auto eingequetscht verbringen mussten (18 Std. Autofahrt…), uns ein riesiges Stück näher gebracht haben. Von da an zählten meine norwegische (Gast-)Schwester und ich zur Familie dazu. Alles schien besser zu laufen. Meine Beziehung zur Familie war einfach toll und in der Schule hatte ich auch schon meinen Platz gefunden. Vom „School-Spirit“ ließ ich mich mitreißen, sowohl bei den Fußballspielen meiner norwegischen Gastschwester, als auch bei allen möglichen anderen Veranstaltungen. Ich muss sagen, ich sehe es als großen Fehler meiner Seite aus an, dass ich mich nicht von Anfang an eingesetzt habe und trotz meiner Unsportlichkeit einem der vielen Teams beigetreten bin. Also als Tipp, nein als MUSS für alle zukünftigen Austauschschüler: bitte lasst euch nicht davon abhalten irgendeinem Club oder Team beizutreten!! Setzt euch von Anfang an für das ein, was ihr wirklich wollt, denn ihr werdet es sonst garantiert bereuen! Die Schule war zwar wirklich nicht filmreif, wie man sich eine High School so vorstellt, aber nachdem ich die Tatsachen einfach akzeptiert hatte, konnte ich doch eine ganze Menge toller Facetten entdecken, und ich muss sagen: ich vermisse es richtig!! Eine Art „Team“ hatte ich dann letztendlich doch: die Mädels aus meiner „Dance Class“, also meine Unterrichts-Tanz-Klasse. Am Ende des Jahres gab es von allen Dance Levels noch eine große Show, mit allen möglichen Tänzen und ca. 1200 Zuschauern! Von 10 Uhr morgens bis ca. 21 Uhr waren wir nur am Proben, Schminken, und einfach nur Spaß haben, es war echt toll. Zwei Tage danach kam für mich dann auch schon das nächste Highlight: PROM! Es war wirklich total schön und ich brauche nur irgendein Lied, was dort gespielt wurde, zu hören und schon fühle ich mich zurückversetzt in den „guten alten Zeiten“. Im Gegensatz zum „Party-Feel“ des Prom gab es noch einen Ball von unserer Kirchengemeinde aus. Dieser war recht formell, mit langen Kleidern und hauptsächlich Tänzen wie Walzer, Swing, und Chachacha, aber auch total schön. Zur Zeit der beiden Bälle blieben mir nur noch ein paar Wochen in Amerika. Diese waren gefüllt mit Abschiedsparties, ein paar Tagen am Strand und einem Trip in die recht naheliegenden texanischen Städte San Antonio und Austin. Und dann kam auch schon der Abschied. Meine Gastfamilie hatte diesem Tag schon entgegengetrauert und obwohl ich mich natürlich auf mein „richtiges Zuhause“ freute, wollte ich dann doch noch nicht wirklich weg. Doch der Tag kam, ich stieg ins Flugzeug, und jetzt sitze ich hier, ein halbes Jahr nach meiner Ankunft zurück in Deutschland. Ich vermisse meine zweite Heimat jeden Tag und wünschte ich könnte mein Auslandsjahr wiederholen. Im Sommer will ich meine Gastfamilie auf jeden Fall wieder besuchen und dann geht es vielleicht auch schon auf den nächsten Trip durch die östlichen Staaten, nach Washington D.C. … Ich kann es kaum erwarten!