Ich habe während meines Urlaubs mit meinen Freunden einen Anruf von meiner Mutter bekommen, die mir ganz aufgeregt erzählte, dass die berüchtigte INTO-Post im Briefkasten war: meine Gastfamilie kam aus Ohio, besteht aus Vater, Mutter und einem Sohn in meinem Alter – ein absolutes Idealbild! Da ich nur noch zwei Wochen hatte, bevor es dann losgehen sollte, und zwar am 18.08.2009, blieb nicht mehr allzu viel Zeit, sich grossartig kennenzulernen. Bis auf ein Telefonat hatte ich nicht vielvon meiner Familie gehört. Das heisst, ich wusste so gut wie nichts über Hobbys, Aussehen oder gar ihre Lebensumstände. Nichtsdestotrotz wollte ich dann doch unbedingt weg. Der Abschied von meinen Freunden und meiner Familie viel mir sehr schwer, insbesondere durch liebevoll organisierte Good-Bye-Partys und sonstigen Aktionen. Eigentlich habe ich mir den Abschied am Flughafen von meiner Mutter am schmerzhaftesten vorgestellt, aber dieser verlief, aufgrund der Tatsache, dass ich nun definitiv endlich los wollte, erstaunlich gut. Immerhin standen mir fünf erlebnisreiche Tage „New York Camp“ bevor! Die Berichte älterer Austauschschüler, die einst mit INTO unterwegs waren und auch am Orientation Camp teilnahmen, hörten sich sehr vielversprechend an. Und auch ich kann nicht leugnen, dass diese fünf Tage durchaus zu den Highlights meines Auslandsaufenthaltes zählen. Wir haben viele tolle Sachen erlebt: unter anderem eine „Limofahrtdurch NY-City“ oder typische Touristenattraktionen wie z. B. eine Schiffsfahrt auf dem Hudson-River oder die Auffahrt zur Spitze des Rockefellercenters bei Nacht. Leider ging die Zeit sehr schnell vorbei und der 22.08.2009 nahte. Nun ging es erst richtig los. Erstaunlicherweise hatte keiner von uns groß das Bedürfnis in seine Gastfamilie zu gehen und wir hätten es viel lieber gehabt, wieder nach Hause zu können. Am Flughafen in NY hat mich dann das erste Mal wirkliches Heimweh gepackt, aber wie gesagt: jetzt ging es erst richtig los! Ein Mädchen namens Clara, die zum selben Zielflughafen in Ohio musste, und ich checkten ein und der knapp zweistündige Flug ging los. Diese Reise werde ich niemals vergessen, da es das Aufregendste war, dass ich bisher erlebt habe. Ich habe in dem Moment realisiert, wie wenig ich meine Gastfamilie doch kenne und wie aufgeschmissen ich doch wäre, wenn wir uns nicht verstehen würden. Was wäre, wenn ich mich mit meinem Gastbruder nicht verstehe? Nun war es so weit: meine Gastmutter nahm mich in Empfang. Es war so eine Erleichterung zu sehen, wie nett meine Gastmutter ist. Wir verstanden uns auf Anhieb und mir fiel ein gewaltiger Stein vom Herzen. Wir fuhren zu meinem neuen Zuhause auf Zeit und alles war toll: insbesondere die Tatsache, dass wir uns eigentlich gar nicht kannten, sorgte für viel Gesprächsstoff. Angekommen war ich überwältigt – alles war toll: der grosse, typisch amerikanische Kühlschrank, die zwei Hunde (von denen ich nichts wusste), mein auf Anhieb sympathischer Gastvater und mein eigenes Zimmer. Allerdings merkte ich mit der Zeit, daß ich mich mit meinem Gastbruder, auf den ich mich eigentlich sehr gefreut habe, nicht so gut verstand. Anfangs hat mich das sehr bedrückt, doch als ich dann in der High-School meine eigenen Freunde fand, mit denen ich bis heute viel Kontakt habe, war mir das relativ egal. Zwar wurde unserer „Verhältnis“ doch von Zeit zu Zeit besser, und ich erkannte, dass es einfach seine unfreundliche Art war, die er an den Tag legte, doch wirklich beste Freunde wurden wir nie. Aber auch dies hat, wenn ich nun darüber nachdenke, was Gutes: eine von vielen Lektionen, die ich begriff, war die Tatsache, dass ich es nicht Jedem recht machen kann. Zwar war mir das schon stets klar gewesen, aber wasdas genau bedeutet, wurde mir erst durch meinen netten Gastbruder bewusst. Während dieses Semesters, das ich in Ohio verbrachte, erlebte ich erstaunlich viel: meine Gastmutter, die genau wie mein Gastvater sehr viel arbeite, unternahm jedes Wochenende was mit mir. Wir fuhren querbeet durch Ohio, sahen viel von meinem „favorite Store: WALMART“und unzähligen Shoppingmalls bis zu abgelegenen Waldgebieten, wo wir lange spazieren gingen. Mitten in der Zeit des “Indian Summers” fuhren wir für ein Wochenende nach Washington DC. Dort lebten wir bei dem Bruder meines Gastvaters und seiner Frau. Es war eine geniale Zeit! Weitere Highlights waren natürlich neben Familienbesuchen an hohen Feiertagen, wie Thanksgiving oder Christmas, der tägliche Alltag an der High School, der mir enorm viel Spass bereitet hat. Die spannenden Footballspiele, der School Spirit, sogar das Kantinenessen fand ich super! Selbst den ersten Schultag empfand ich nicht als den Horrorfilm, sondern eher als eine Art Thriller ab 12. Natürlich war es komisch: zu Hause geht man immer auf die selbe Schule, kennt seine Leute und weiss, wo man hingehört. In Amerika musste ich mich vollkommen neu einordnen und auch beweisen. Aber gerade diese Tatsache, dass man es trotz verschiedener Barrieren, wie unter anderem auch die Sprache, schafft sich erfolgreich zu integrieren, macht einen enorm stolz. Eines von vielen Highschool-Highlights war auch das jährliche Dodgeball-Tournament. Es war wie in „Voll auf die Nuesse“ (US-Film mit Ben Stiller).Wir kamen relativ weit, sind dann jedoch leider, gegen das Lehrerteam, im Halbfinale rausgeflogen. Es gäbe noch viel mehr zu berichten, doch ich mache hier erstmal Schluss. Man sollte bedenken, dass man nicht immer so ein Glück mit der Gastfamilie haben kann, und, dass die Entscheidung sich auf das Projekt „Auslandsaufenthalt“ einzulassen, viel Kraft, Durchhaltevermögen, Geld, Eigenengagement und auch Anpassungsbereitschaft fordert. Aber wenn man dann weiss, „JA! Ich habe es geschafft und bin auch erfolgreich gewesen!", dann hat man was, worauf man sehr stolz sein kann, und was einem niemals weggenommen wird. Rückblickend kann ich sagen, dass mein Aufenthalt in den Staaten bisher wohl das grösste Abenteuer meines Lebens war. Ich kann es Jedem weiterempfehlen, der sich noch bisher unschlüssig ist.